Foto: Helmut Stampka

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Bei Wanderung zerstörtes Dorf „Unterlichtbuchet“ wieder aufleben lassen

Die Mitglieder der Waldvereinssektion Freyung haben schon an vielen Wanderungen im Bayerischen Wald und Böhmerwald teilgenommen. Erstmals aber hat ein sachkundiger Wanderführer bei einer Wanderung mit seinen Schilderungen ein zerstörtes Grenzdorf im Böhmerwald wieder aufleben lassen: Unterlichtbuchet (tschechisch: „Dolní Světlé Hory“).

Hubert Gibis, geprüfter Wanderführer hat sein Wissen über das ehemalige deutsche Dorf vermittelt. Beim Grenzübergang in Hinterfirmiansreut erhielten die 20 Teilnehmer einen kurzen Überblick über die Gründung und die Zerstörung dieses Dorfes. Bis 1912 gehörte Unterlichtbuchet zur Gemeinde „Landstraßen“, dann wurde es eine eigene Gemeinde. Bei Ende des 2. Weltkrieges bestand das Dorf aus rd. 40 Häusern und hatte etwa 200 Einwohner. Diese wurden ein Jahr nach Kriegsende ausgewiesen und mussten ihre Heimat verlassen. Die Häuser samt Vieh wurden ihnen weggenommen, ebenso Mobiliar und andere wertvolle Gegenstände. Mit 50 kg Gepäck mussten die Dorfbewohner Haus und Hof verlassen und wurden nach Westdeutschland verfrachtet. Dachten damals noch viele an eine mögliche Rückkehr, so wurden sie dieser Illusion endgültig beraubt, als die Tschechen in den Jahren 1955 und 1956 ihre Häuser sprengten und das Dorf dem Erdboden gleichmachten. Wanderführer Gibis führte die Teilnehmer durch das Gebiet der ehem. Gemeinde Unterlichtbuchet von der Grenze bei Hinterfirmiansreut bis hinauf nach Vorderscheureck. Hausgrundstück für Hausgrundstück wurde besichtigt, meist erkannte man an den spärlichen Ruinen und den alten Obstbäumen, wo die Anwesen standen. Bei einigen Grundstücken gab es noch „Einstiegslöcher“, konnte in diese hineinkriechen und Reststücke der Keller-oder Stallgewölbe besichtigen. Von jedem der ehemaligen Hausbesitzer kannte der Wanderführer die Namen und die Berufe und wusste auch einiges über die Art und Größe des Anwesens zu erzählen. So erfuhren die Wanderer zum Beispiel, wer die größten Bauern im Dorf waren, wie geschätzt das Gasthaus „Wohl“ war und dass der „Rauchfangkehrer Wertl“ (Rosenauer Adalbert) das Haus Nr. 27 errichtete, später an die Finanzbehörde vermietete und die tschechischen Soldaten das Gebäude nach dem 2. Weltkrieg noch einige Zeit als Kaserne nutzten. Auch wenn die Teilnehmer überwiegend schon zur sog. „Nachkriegsgeneration“ gehörten, so waren sie doch interessiert und beeindruckt von den Schilderungen des Wanderführers. Herr Gibis ließ mit seinen Erzählungen das untergegangene Dorf quasi wieder „aufleben“.

Nach einer vierstündigen Wanderung kehrten die Teilnehmer zum Abschluss noch im „Gasthaus zur alten Schule“ in Mitterfirmiansreut ein, wo in gemütlicher Runde noch weitere Gespräche geführt wurden.

Bericht und Fotos: Helmut Stampka